ANTRAG: Gewinnausschüttung durch die Sparkasse

Veröffentlicht am 21.12.2015 in Presse

Der Stadtrat möge beschließen:

Der Stadtrat empfiehlt den im Verwaltungsrat der Sparkasse Landshut vertretenen Mitgliedern des Stadtrates von Landshut auf eine Gewinnausschüttung 2014 in Höhe von bis zu 15,128 Mio. Euro und auch die Gewinne der Folgejahre an die Träger und damit auch an die Stadt Landshut hinzuwirken.

Begründung:

Die Förderung der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerung ist der eigentliche öffentliche Auftrag. Daraus resultiert auch die Möglichkeit einer Ausschüttung der Gewinne an die Träger für gemeinnützige Zwecke. Die Stadt steht derzeit und auch für die Zukunft vor der großen Aufgabe bezahlbaren Wohnraum zu schaffen für die wirtschaftlich schwächere Bevölkerungsschicht. Deshalb müssen weiterhin wichtige Projekte auf der Liste 7b des städtischen Haushalts verweilen und die Liste wächst jährlich weiter an. Sollte der Bau von bezahlbaren Wohnungen bzw.

Sozialwohnungen nicht unter die oben benannten gemeinnützigen Zwecke fallen, können andere gemeinnützige Projekte mit diesen Geldern finanziert werden und die dadurch im städtischen Haushalt frei werdenden Mittel für den Wohnungsbau eingesetzt werden.

In den Städten München (5 Mio. Euro für 2014), Regensburg (1,188 Mio. Euro für 2014, Augsburg (4,455 Mio. Euro für 2014), Nürnberg (5,5 Mio Euro für 2014) und Ingolstadt (0,5  Mio. Euro für 2014) wird dies so praktiziert und diese Kommunen profitieren bereits seit Jahren von Gewinnausschüttungen in Millionenhöhe.

Die Ausschüttung an Träger kann beispielsweise auch durch Abschmelzen des Guthabens bei der Deutschen Bundesbank erfolgen, dieses betrug am 31.12.2014: 24,3 Mio. Euro. Dieser Betrag übersteigt die Mindestreserve mit Sicherheit, denn diese wurde sogar im Jahr 2012 von 2% auf 1% gesenkt. Für den über das Mindestguthaben hinausgehenden Betrag sind Strafzinsen in Höhe von 0,3% fällig! Diese Strafzinsen können durch Ausschüttung reduziert werden.

Robert Gewies

Maria Haucke

Anja König

Gerd Steinberger

 

Weitere begründende Ausführungen:

1. Zur Rechtmäßigkeit einer Empfehlung an den Verwaltungsrat der Sparkasse

Zur Beantwortung dieser Frage werden herangezogen:

Stefan Papsthart, Der Sparkassenverwaltungsrat – eine Aufgabenbeschreibung (Bayerische Verwaltungsblätter, Heft 11/2014, S. 329 ff.)

Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (3. Senat) vom 11.11.1992, Az. 3 B 92.727

Die Aufgaben eines Sparkassenverwaltungsrats leiten sich ab aus seiner gesetzlich geregelten Funktion als Sparkassenorgan. Danach wird die Sparkasse vom Verwaltungsrat verwaltet, soweit es sich nicht um eine bestimmte, dem Vorstand übertragene Zuständigkeit oder um ein von diesem zu führenden laufenden Geschäft im Sinne der bayerischen Sparkassenordnung (SpkO) oder der Sparkassensatzung handelt (Art. 5 Abs. 1 und 2 Bayerisches Sparkassengesetz - SpkG -).

Im Übrigen überwacht der Verwaltungsrat die („operative") Geschäftsführung des Vorstands und erlässt für die Geschäftsführung Richtlinien und eine Geschäftsanweisung (Art. 5 Abs. 3 SpkG).

Papsthart S. 329f.

Der Verwaltungsrat hat sich über die wesentlichen Vorgänge und Entwicklungen der Sparkasse zu informieren, denn dieses Wissen ist Voraussetzung dafür, dass er seiner Überwachungsfunktion nach Art. 5 Abs. 3 SpkG und seiner „Richtlinienkompetenz" im Hinblick auf die „strategische" Ausrichtung des Instituts gerecht werden kann. (Papsthart S. 331)

Diese Machtfülle und Verantwortung des Verwaltungsrats kommt seit 2014 verstärkt zum Ausdruck, da in den Sitzungen des Verwaltungsrats der Sparkassenvorstand kein Stimmrecht mehr hat, sondern nur noch Empfehlungen abgeben darf.

In letzter Zeit wurde die Frage diskutiert, ob der Stadtrat gegenüber den aus seiner Mitte in den Verwaltungsrat delegierten Stadträte weisungsbefugt ist (sog. imperatives Mandat). Dazu muss festgestellt werden, dass weder das Bayerische Sparkassengesetz noch die Bayerische Sparkassenordnung - im Gegensatz zu den Regelungen in allen anderen Bundesländern - keine entsprechende Vorschrift hat, die das Weisungsrecht verbietet (z.B. § 15 Abs. 6 Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen: „Sie sind an Weisungen nicht gebunden.“)

Als Ausweg aus diesem nicht gewollten imperativen Mandat wird auf das o. a. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 1992 zurückgegriffen. Hier ging es um die Frage der Anrechenbarkeit der Entschädigung für die Tätigkeit im Verwaltungsrat einer Sparkasse auf das Ruhegehalt eines Beamten (wurde verneint). Dieses Urteil wurde gefällt auf der Basis von 22 Leitsätzen.

Leitsatz 20 lautet:

„Auch im Verhältnis zum Gewährsträger entscheidet das einzelne Mitglied des Verwaltungsrats frei und unabhängig. Der Verwaltungsrat ist das Organ der Sparkasse, das die Verbindung zum Gewährsträger herstellt, denn der Vorsitzende des Verwaltungsrats ist z.B. bei den von den Landkreisen errichteten Sparkassen der Landrat und zwei Drittel der Mitglieder des Verwaltungsrats werden vom Gewährträger durch Wahl bestellt. Aber auch der Gewährträger ist gegenüber dem entsandten Verwaltungsratsmitglied nicht weisungsbefugt. Dies ergibt sich daraus, dass es sich beim Verwaltungsrat ausschließlich um ein Organ der Sparkasse und nicht um ein solches des Gewährträgers handelt.“

Diese Weisungsunabhängigkeit gilt aber auch gegenüber der Sparkasse, wie in Leitsatz 19 steht:

„Eine Weisungsabhängigkeit des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds ist weder im Verhältnis zur Sparkasse noch im Verhältnis zum Gewährsträger gegeben. Schon aus der in Art. 5 Abs. 3 SpkG festgelegten Funktion des Verwaltungsrats, die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen, ergibt sich als logische Konsequenz, dass das einzelne Verwaltungsratsmitglied nicht den  Weisungen der Sparkasse, vertreten durch den Vorstand, unterworfen sein kann, denn in diesem  Fall würde eine Überwachung ad absurdum geführt.“

 Nach Meinung rechtskundiger Personen (u.a. ehem. Bayerische Verfassungsrichter) muss dieses Urteil nicht absolut genommen werden, denn

  •  es fehlt immer noch das Weisungsverbot im Sparkassengesetz
  •  das Urteil gilt nur für den konkreten Fall, der im Grunde etwas ganz Anderes  behandelte
  •  das Urteil wurde vor knapp 25 Jahren vom 3. Senat (Beamtensenat) gefällt. Diese  Richter sind heute sicher nicht mehr als solche oder überhaupt nicht mehr tätig. Ein Senat in einer anderen Besetzung könnte anders entscheiden (Motto: „Das Gericht hat seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben“)
  •  Die wirtschaftliche und politische Konstellation des Finanzsektors ist heute ganz  anders als vor 25 Jahren. Auch daher kann ein heutiges Urteil anders ausfallen.

Dessen ungeachtet kommt man zu folgendem Ergebnis:

  •  Verwaltungsräte sind unabhängig von Weisungen des Gewährträgers aber auch unabhängig von Weisungen der Sparkasse
  •  Der Verwaltungsrat ist Verbindung zwischen Sparkasse und Gewährsträger
  • Seit 2014 hat der Sparkassenvorstand bei den Verwaltungsratssitzungen kein Stimmrecht
  • mehr, sondern kann nur noch Empfehlungen abgeben.
  •  Auf der anderen Seite des Korridors steht die Kommune/Stadt/Landkreis, die aus Gründen der
  • Waffengleichheit logischerweise ebenfalls Empfehlungen abgeben kann.

Die Stadt Lindau hat im Sinne einer Empfehlung am 24.6.2015 mit 16 zu 11 Stimmen folgenden Beschluss gefasst:

„Der Stadtrat empfiehlt den im Verwaltungsrat der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim vertretenen Mitgliedern des Stadtrates von Lindau auf eine Gewinnausschüttung für 2015 an die Träger und damit an die Stadt Lindau hinzuwirken.“

(Anmerkung: Dieser Beschluss für das nächste Jahr 2016 wurde gefasst als der Jahresabschluss 2014 noch unbekannt war. Dieser wurde erst am 7. Juli 2015 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Damit nicht ähnliches passiert wie 2015 – der Stadtrat tagte einen Tag nach der Sitzung des Verwaltungsrats – wird im Januar 2016 auf die Tagesordnung)

2. Berechnung des ausschüttungsfähigen Jahresüberschusses 2014

Grundlage der Berechnungen sind:

  • Jahresabschlüsse 2014, 2013, 2012 (Aktivseite, Passivseite, Gewinn- und Verlustrechnung)
  • Offenlegungsbericht 2014
  • § 21 der Sparkassenordnung

Aus den ersten beiden Mosaiksteinchen wurde ein Gesamtergebnis erstellt und dann auf die Sparkassenordnung angewendet. Es sind also Zahlen der Jahresbilanz, die verwendet wurden. Diese müssen richtig sein, weil: „Von der Prüfungsstelle des Sparkassenverbands Bayern wurden der Jahresabschluss und der Lagebericht 2014 geprüft und der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk am 23.06.2015 erteilt.“ (Seite 27 Jahresbilanz 2014). Wir gehen davon aus, dass es dabei geblieben ist.

Die Berechnung der Ausschüttungshöhe ergibt sich aus dem Offenlegungsbericht 2014:

Eigenkapital (EK) insgesamt (= Rücklagen) (Pos 59 Anh. 1 Offenlegungsbericht) 517,2 Mio. €

Risikogewichtete Aktiva (Pos 60 Anhang 1 Offenlegungsbericht) 1.962,4 Mio. €

Anteil Eigenkapital zu Risikogewichtete Aktiva (Kapitalquote) 26,4%

§ 21 der Sparkassenordnung regelt nun sehr ausführlich, bei welcher Kapitalquote vom Jahresüberschuss wie viel an die Träger ausgeschüttet werden kann:

A. Der Vorstand kann vorweg 25% des Jahresüberschusses den Rücklagen zuführen.

B. Die Ausschüttung des Restgewinns an die Träger erfolgt nach folgendem Schema:

Risikoaktiva unter 6%: keine Ausschüttung

Risikoaktiva zwischen 6% und 9%: 10% des um A. reduzierten Jahresüberschusses

Risikoaktiva zwischen 9% und 12%: 25% des um A. reduzierten Jahresüberschusses

Risikoaktiva zwischen 12% und 15%: 50% des um A. reduzierten Jahresüberschusses

Risikoaktiva über 15%: 75% des um A. reduzierten Jahresüberschusses

C. Wegen des Vorwegabzuges gibt es bei B. keine komplette Ausschüttung des Jahresüber-
schusses an die Träger. Der Rest wird einer Rücklage zugeführt (vgl. nächste Tabelle).

Die Höhe des ausschüttungsfähigen Betrages: (2014, 2013, 2012)

1. Höhe Jahresüberschuss (GuV 25): 3,593 Mio. € 3,461 Mio. € 3,597 Mio. €

2. Vorweg in Sicherheitsrücklage (GuV 28) max. 25% (A) 0,800 Mio. € 0,750 Mio. € 0,850 Mio. €

3. Verbleiben (1. ./. 2.) 2,793 Mio. € 2,711 Mio. € 2,747 Mio. €

4. davon 75% an Träger (wegen Quote 21,5%) = (B) 2,095 Mio. € 2,033 Mio. € 2,060 Mio. €

5. Verbleiben (3. ./. 4) 0,698 Mio. € 0,678 Mio. € 0,687 Mio. €

6. Zusätzliche Einstellung in Rücklage (= 5.) 0,698 Mio. € 0,678 Mio. € 0,687 Mio. €

Anzumerken ist, dass der Vorwegabzug 2014 (0,800 Mio. €) mit 22% fast den 25% entspricht, die der Vorstand maximal aus dem Jahresüberschuss vorab der Rücklage zuführen darf. In den beiden anderen Jahren hat sich der Vorstand mit rund 22% an die Obergrenze von 25 % gehalten.

Es ist unverständlich, warum die Sparkasse mit Billigung des Prüfungsverbandes und des Verwaltungsrats Schritt A. (Vorwegabzug) vorgenommen hat, den Schritt B aber nicht. An der Struktur sieht man deutlich, dass die Sparkassenordnung die Sparkasse nicht schröpft, sondern eine gerechte Gewinnverteilung zwischen den Beteiligten (Sparkasse, Träger) vornimmt.

Im Falle Landshut kann man auch leicht erkennen, dass die 75% nicht ausgezahlt werden, sondern dass 2014 (2.095/3.593) nur rund 58% des Jahresüberschusses an die Träger gehen.

Die Rücklagen wachsen also weiter an, nur nicht so schnell. Damit bleiben auch die Interessen der Sparkasse gewahrt. Angesichts der hohen Kapitalquote sollte ein langsameres Wachstum ausreichen. Der Gewinn wird gerecht geteilt zwischen Träger und Sparkasse. Von den 71 bayerischen Sparkassen haben nur 2 Sparkassen eine etwas höhere Kapitalquote.

Abgesehen davon gibt es den zweiten Faktor zur Erhöhung der Sparkassensicherheit, den Fonds für allgemeine Bankrisiken. Diesem wurden in den letzten drei Jahren folgende Beträge zugeführt:

2012: 23,300 Mio. Euro

2013: 11,000 Mio Euro

2014: 24,050 Mio. Euro

Es gibt Sparkassen, die Sicherheitsrücklage und Fonds zusammengefasst haben zu einem Jahresüberschuss, diesen versteuern und dann ausschütten (z.B. Stadtsparkasse Regensburg).

Es spricht nichts dagegen, angesichts der hohen Kapitalquote diese Vorgehensweise auf Landshut zu übertragen. Der Jahresüberschuss 2014 wäre dann bei (3,593 Mio. Euro + 23,300 Mio. Euro) = 26,893 Mio. Euro.

 

 

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